Montag, 14. April 2014

World`s Most Famous Writer Of The Blues

Hallo Freunde,

es ist ja schon viel gesagt und geschrieben worden über das Verhältnis von Jelly Roll Morton zu seinem Chicagoer Verleger Walter Melrose. In aller Regel wird dem geschäftstüchtigen Walter vorgehalten, Jelly übers Ohr gehauen zu haben. Jelly habe nicht die ihm zustehenden Tantiemen bekommen. Darüber hinaus habe sich Melrose bereichert, indem er einige von Morton`s Kompositionen mit - nichtssagenden - Texten versah und so seinerseits als Co-Autor zusätzlich abkassierte. Das ist richtig. Wahr aber ist auch, dass Melrose dem Pianisten Morton Gelegenheit gab, zahlreiche seiner Werke zu veröffentlichen, dass der Verlag Arrangeure - etwa Mel Stitzel und Elmer Schoebel - beauftragte, viele der Kompositionen zu orchestrieren, und dass schließlich einige der faszinierendsten Aufnahmen der Jazzgeschichte ohne die Verbindungen Walter`s zur Plattenindustrie nicht zustande gekommen wären. Natürlich stand auch hinter diesen Aktivitäten handfestes geschäftliches Interesse. Aber jazzhistorisch gesehen war es ein Geben und Nehmen.
In der Hand halte ich gerade eine Notenausgabe des Sobbin`Blues von Art Kassell und Vic Burton aus dem Jahr 1923. Es war einer der frühen ganz großen Erfolge des Melrose-Musikverlages. Auf der Rückseite wird, wie üblich, Reklame für weitere Notenausgaben gemacht. Ganz oben steht der "Wolverine Blues". Als Autor wird Jelly als the "World`s most famous writer of the Blues" angepriesen. Der viertaktige Notenauszug enthält auch den Text, der bekanntlich nicht von Morton sondern von den Spikes-Brothers stammte. Doch die werden mit keinem Wort erwähnt. Melrose setzt hier also ganz auf Morton, in dem er sein Zugpferd der Zukunft erblickt. Die drei anderen beworbenen Titel führen jeweils Walter Melrose als Co-Autor. Er dürfte jeweils, wenn auch nicht ausdrücklich als solcher erwähnt, als Texter fungiert haben. Die Stücke: "Take It Easy" (Fowler/Melrose), Sweetest Gal (Johnson/Smith/Melrose) und My Sweet Lovin` Man (Hardin/Melrose). Der letztgenannte Titel aus der Feder der Pianistin Lil Hardin war ein erfolgreiches Stück aus dem Repertoire der King-Oliver-Band, das sehr gut auch ohne Text auskam. Man sieht: Walter`s Geschäftsidee, sich als Texter einzuklinken und am Erfolg zu partizipieren, beschränkte sich nicht nur auf Jelly. Melrose praktizierte bei Morton nur das, was bei ihm ohnehin zur verlegerischen Praxis gehörte. Das machte es zwar nicht besser. Dass aber Walter Melrose mit seinem Komponisten Jelly Roll Morton schlechter umgegangen ist als mit den anderen Autoren seines Hauses, kann man auch nicht so ohne weiteres behaupten.........

www.ok-jazzband.de - CD "Tribute to Jelly Roll Morton" (iTunes, amazon, spotify)

Soviel für heute.
Herzlich Euer
Heribert von Stomp

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