Sonntag, 26. April 2015

I Thought I Heard Buddy Bolden Say

Hallo Freunde,

zunächst wünsche ich Euch einen gesegneten Sonntag. In meinem vergangenen Blog-Beitrag habe ich von Jelly Roll Morton`s Komposition "I Thought I Heard Buddy Bolden Say" geschwärmt. Am liebsten, so habe ich am Ende geschrieben, höre ich den Song in Morton`s eigener Version. Mein Freund Buddy Yesterday wollte nun mehr über die Aufnahme wissen. Hier also einige Angaben: Jelly hat den Titel am 14. September 1939 in New York mit seinen "New Orleans Jazzmen" aufgenommen. Das war Teil seiner verschiedenen Comeback-Versuche, nachdem es seit Beginn der 30er Jahre (eigentlich schon seit 1928/29) rapide mit ihm bergab gegangen war. Zur Besetzung gehörten Sidney de Paris (Trompete), Claude Jones (Posaune), Albert Nicholas (Klarinette), Sidney Bechet (Sopransaxophon), Happy Caldwell (Tenorsaxophon), Lawrence Lucie (Guitarre), Wellman Braud (Bass), Zutty Singleton (Schlagzeug) und natürlich Jelly himself als Pianist und Sänger. Über diese Session vielleich demnächst mehr. Jetzt aber viel Spaß beim Zuhören........

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Soviel für heute.
Herzlich Euer
Heribert von Stomp

Samstag, 18. April 2015

Louis Armstrong and Buddy Bolden

Hallo Freunde,

Jelly Roll Morton hat Buddy Bolden, dem legendären New-Orleans-Kornettisten, der am Anfang des Jazz stand, einen wunderbaren Song gewidmet. Er besticht gleichermaßen durch Schlichtheit und Schönheit. In ihm scheint die untergegangene Epoche des New-Orleans der Jahrhundertwende auf, weht als ein Schleier der Erinnerung herüber:

I thought I heard Buddy Bolden say,
Dirty, nasty stinky butt, take it away,
Dirty, nasty stinky butt, take it away
And let Mister Bolden play.

Von Buddy Bolden existieren bekanntlich keine Plattenaufnahmen. Wir können uns sein Spiel nur vorstellen. Sein Ton soll mächtig gewesen sein. Jelly Roll Morton meinte, einen gewaltigeren Trompeter habe es "seit dem Erzengel Gabriel" nicht gegeben. "Es kam vor, dass wir an irgendeiner Ecke herumlümmelten und nicht wussten, dass draussen im Lincoln Park Tanz war. Dann hörten wir Buddys Kornett und zogen los. War einmal wenig Publikum im Lincoln Park, so richtete Buddy sein Horn gegen das Stadtzentrum und blies seinen Blues, um wie er zu sagen pflegte, `seine Kinder heimzurufen`. Dann wusste die ganze Stadt, dass Buddy im Park spielte, zehn oder zwölf Meilen vom Zentrum entfernt". (Zitiert nach Jelly Roll Morton und Alan Lomax, Doctor Jazz, Zürich 1960, S. 67). Diese Erinnerungen von Morton sagen allerdings nichts über Bolden`s technische Fertigkeit, über seine Improvisationsgabe, über Phrasierung und Tongestaltung aus. Auch hier sind wir also auf die Überlieferung von Zeitzeugen angewiesen.
Louis Armstrong kommt zu einem differenzierten und letztlich klaren Urteil, das er aus dem Vergleich zwischen Bolden und Joe "King" Oliver gewinnt. Für ihn war Joe der grösste unter den frühen New-Orleans-Kornettisten: "welche Technik, welche Seele, welcher Erfindungsreichtum!" Bolden war aus Armstrong`s Sicht dagegen "grob und ungeschlacht". Louis fühlte sich von dessen Musik nicht angesprochen: "er rührte mich nicht". (Zitiert nach Louis Armstrong, Mein Leben in New Orleans, Zürich 1977, S. 23).
Wie es damals wirklich war - wir wissen es nicht. Wir kennen nur die späteren bahnbrechenden Aufnahmen von Joe Oliver und Louis Armstrong aus eigenem Anhören. Buddy Bolden dagegen bleibt im Reich der Legende. Dass er aber seinen Platz in der Jazzgeschichte verdient hat, macht der Song des Piano-Meisters Jelly Roll Morton klar, den ich immer wieder, am liebsten in der Version von Morton selbst, gern höre............

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Soviel für heute.
Herzlich Euer
Heribert von Stomp

Sonntag, 5. April 2015

Strange Fruit

Hallo Freunde,

weshalb bleiben Menschen in unserer Erinnerung? Ich rede jetzt nicht von unseren Lieben, also von Angehörigen und Freunden. Ich meine Menschen, die uns nicht persönlich nahe standen, aber uns etwas hinterlassen haben, mit dem sie Teil unseres (kollektiven) Gedächtnisses wurden. Auffallend ist doch immer wieder, dass sie uns etwas Allgemeingültiges geschenkt haben, etwas, das sich besonders im Einfachen, im Wahren und Guten ausdrückt. Je stärker dieser überzeitliche Kern ist, desto prägender und die Zeiten überdauernder die Verwurzlung in uns. Jetzt an Ostern denken wir da in erster Linie an Jesus. Seine Botschaft war die Liebe. Er büßte dafür mit dem Tod am Kreuz. "Ans Kreuz gehenket" wurde er, wie es etwa in dem Kirchenlied "Herzliebster Jesu" heißt.
Den Lynchmord an Unschuldigen bringt wie wohl kein anderer auch der Jazzsong "Strange Fruit" von Lewis Allan zum Ausdruck. "Black body swinging in the Southern breeze, Strange fruit hanging from the polar trees", heißt es da. Und gemeint sind die Morde an Schwarzen in den Südstaaten der USA. Billy Holiday hat mit ihrer Interpretation dieses Lied - noch ein Gegensatz - unsterblich gemacht.
Billie Holiday wurde vor 100 Jahren, am 07. April 1915, in Baltimore geboren. Als Jazzsängerin brillierte sie nicht durch technische Perfektion - ihr Gesang war im Wortsinn ergreifend. Und wer die jahrzehntealten Aufnahmen von Billie heute hört, wird unmittelbar in ihren Bann gezogen. Die scheinbar zeitlose Gültigkeit ihrer Interpretationen läßt Billie Holiday in ihren Schöpfungen und damit in unserem Gedächtnis weiter leben.
Ich will hier nicht die Biographie von Billie ausbreiten. Es gibt genug Nachschlagewerke und Interneteinträge, die das Leben der Sängerin mehr oder weniger erschöpfend erzählen. Einen einfühlsamen Beitrag las ich zum Beispiel dieser Tage im Web-Portal "Spiegel Online".
Ich finde es tröstlich, dass es immer wieder Einzelne gibt, die das Essentielle, das unser Leben ausmacht, schlicht und wahr zum Ausdruck bringen können. Und ich finde es tröstlich, dass diese Botschaften auch immer wieder von vielen Menschen aufgenommen werden, der Boden also bereitet ist. In diesem Sinn eine frohe nachösterliche Zeit...........

Soviel für heute.
Herzlich Euer
Heribert von Stomp