Mittwoch, 20. Januar 2016

Red Onion Hot Jazz

Hallo Freunde,

heute möchte ich Euch eine Band vorstellen, die zwar schon seit gut zwölf Jahren besteht, aber nach meinem Eindruck noch nicht die Aufmerksamkeit erreicht hat, die sie verdient. Es handelt sich um die "Red Onion Jazzband" aus Köln. Auf ihrer Web-Site firmiert sie einfach unter "Red Onion Hot Jazz". Die sechs Musiker spielen New-Orleans-Jazz so, wie man ihn aus der Chicagoer Zeit der 20er Jahre kennt. Eine ganze Reihe Standards, die von Louis Armstrong geprägt wurden, sind dabei: etwa der "New Orleans Stomp" (komponiert von Armstrong und Lil Hardin), "Melancholy" (von Marty Bloom und Walter Melrose) oder "Willie The Weeper" (von Grant V. Rymal, Walter Melrose und Marty Bloom). Diese Titel finden sich auch auf einer CD, die von der Band zum Kauf angeboten wird.
Die Band spielt ohne Schlagzeug. Die Musiker sind laut Web-Auftritt: Marc Bothe (co, voc), Elmar Feldmann (tb), Helm Renz (cl, as), Cordula Clausen (p), Volkmar Trüb (bj) und Martin Langer (sous, b, co).
Die Band gastiert, wenn ich es richtig sehe, vor allem auf Oldtime-Festivals und in Klubs, die sich diesem Jazz-Genre verschrieben haben und von einem entsprechenden Fan-Publikum unterstützt werden. Davon gibt es leider nicht mehr allzuviele. Auch im Kölner Raum ist die Band natürlich zu hören, zum Beispiel in Spielstätten in Pulheim und in Hürth, wie unter dem Button "Termine" zu erfahren ist. Ich habe mir Aufnahmen der Band von einem Gastspiel im Mülheimer Jazzclub auf youtube angesehen und vor allem angehört. Ich muss sagen: ich war sehr angetan von der Spielfreude, vom Zusammenspiel und von der Qualität. Von daher würde ich mich freuen, wenn die "Red Onion Jazzband" künftig noch mehr Resonanz findet.
Mit diesem Kurzporträt soll es von meiner Seite genug sein. Jeder meiner Leser kann sich schließlich auf der Web-Site der Band und auf youtube, wie schon gesagt, selbst ein Bild machen...........

www.ok-jazzband.de

Soviel für heute.
Herzlich Euer
Heribert von Stomp

Sonntag, 10. Januar 2016

Blue Blood Blues

Hallo Freunde,

es heißt ja immer wieder, dass Jelly Roll Morton nach den berühmten Aufnahmen mit seinen "Red Hot Peppers" 1926 und 1927 in Chicago nicht mehr allzuviel an gelungenen Einspielungen geglückt sei. Auch in dieser Beziehung sei sein Wechsel von Chicago nach New York 1928 ein "fatal move" gewesen. Selbst die besseren Morton-Aufnahmen reichten nicht an das Niveau der letzten Chicago-Zeit heran, heißt es.
Und trotzdem: ich meine, auch bei den späteren Sessions kam so manches sehr gute Ergebnis heraus. Man muß sich die Aufnahmen allerdings unvoreingenommen angehören, darf also nicht im Hinterkopf die Platten der "Red Hot Peppers" aus der Chicagoer Zeit haben. Das ist natürlich nicht ganz einfach.
Jetzt in den ersten ruhigen Tagen des Jahres 2016 habe ich mir mal wieder den "Blue Blood Blues", eine Morton-Aufnahme vom 14. Juli 1930, zu Gemüte geführt. Vielleicht hat mich der Titel gereizt. Denn er könnte als Anspielung auf Morton`s Selbstverständnis als "Mr. Jelly-Lord" verstanden werden. Allerdings drückt sich in dem Stück nicht die lärmende Selbstanpreisung des Meisters aus früherer Zeit aus. Der "Blue Blood Blues" besticht im Gegenteil durch seine dezente Zurückhaltung. Das Wort "Blue" gewinnt somit eine weitere, im Zusammenhang mit dem Blues natürlich immer wieder vorkommende Bedeutung: "Blue Mood".
Vielleicht überinterpretiere ich den Titel, wenn ich sage, dass sich hier exemplarisch die Stimmung der Depressionszeit in den USA, die auch für Morton eine Zeit des rasanten Abstiegs war, spiegelt.
Jedenfalls beginnt das Stück mit zwei sehr gefühlvollen 8-taktigen - insofern ist der "Blue Blood Blues" formal kein Blues - Klarinettenchorussen von Albert Nicholas. Es folgen die nicht ganz so tiefdringenden Chorusse (jeweils 8 Takte) von Geechie Fields (Posaune) und Howard Hill (Guitarre). Dann kommt für mich ein weiterer Höhepunkt: die beiden Chorusse des Trompeters Ward Pinkett (auch sie wie durchgängig im "Blue Blood Blues" 8 Takte). Das Stück erfährt hier eine dezente Steigerung durch die unterlegten Töne der beiden anderen Bläser. Im zweiten Chorus befreit sich die Klarinette ein wenig und wagt ganz dezente Einwürfe.
So vorbereitet, wird das unbegleitete Piano-Solo von Morton für mich zum Gipfel. In ihm kulminiert der zuvor aufgebaute Spannungsbogen und löst sich zugleich zum nachfolgenden und abschließenden Kollektiv in New-Orleans-Manier auf. Wie Morton dies mit scheinbar einfachen Mitteln erreicht, ist wirklich meisterlich. Es erinnert mich an den "Smoke-House-Blues" aus dem Jahr 1926. Auch dort bescheidet sich Jelly mit einem scheinbar einfachen, impressionistisch dahingetupften Solo, das dann in die Kollektivimprovisation mit dem berühmten verlängerten Schluß mündet.
Das soll genug sein von meinen mit dem "Blue Blood Blues" verbundenen Eindrücken. Denn für die Musik gilt ja immer noch: selbst hören bringt mehr als tausend Worte.............

www.ok-jazzband.de
CD "Tribute to Jelly Roll Morton" (amazon, iTunes, spotify)

Soviel für heute.
Herzlich Euer
Heribert von Stomp