Montag, 6. November 2017

OK-JAZZBAND: Cannon Ball Blues

Hallo Freunde,

dieser Tage habe ich mir mal wieder den "Cannon Ball Blues" zu Gemüte geführt, die berühmte Aufnahme von Jelly Roll Morton`s  Red Hot Peppers vom 16. Dezember 1926. Für mich gehört diese Einspielung zu den stimmigsten Aufnahmen Jelly`s. Dabei meine ich das Wort "stimmig" in einem doppelten Sinn: das Werk ist in sich von hoher Geschlossenheit und es spricht mich mit sehr viel Gefühl an. Das ist auch deshalb bemerkenswert, weil für Morton - so sehe ich es jedenfalls - der Blues doch eher eine formale Kategorie war.

Auch in anderer Hinsicht fällt der "Cannon Ball Blues" aus dem Rahmen der elf klassischen Einspielungen von September bis Dezember 1926. Es ist das einzige Stück - soweit ich sehe -, von dem keine Orchestration herausgegeben wurde. Das ist deshalb bemerkenswert, weil es ja das Geschäftsmodell der Melrose-Brothers war - der Verleger, die die Red-Hot-Peppers-Sessions initiiert hatten -, über die Plattenaufnahmen den Absatz von Piano-Versionen, vor allem aber gedruckter Arrangements zu forcieren. Vom Cannon Ball Blues existiert aber nur eine gedruckte Piano-Version.
Vielleicht schaffte es die Nummer ja ins Aufnahmestudio, weil einer der Autoren Marty Bloom, der stille Teilhaber der Melrose-Brothers, war, der übrigens auch für die diversen Vaudeville-Effekte der anderen Red-Hot-Peppers-Aufnahmen zuständig und wohl der Producer bei den Sessions war. Damit sind wir bei einer weiteren Besonderheit: der "Cannon Ball Blues" ist der einzige Red-Hot-Peppers-Titel von 1926, der neben Morton einen Co-Komponisten nennt. (Fünf Titel stammten ja bekanntlich nicht aus Jelly`s Feder). Auf der Piano-Sheet-Version sind drei Autoren genannt: Charlie Rider, Marty Bloom und Morton. Rider wird im Archiv der Plattengesellschaft Victor als "Songwriter" geführt. Demnach teilen sich Bloom und Morton die Urheberschaft als Komponisten.

Ein Text des "Cannon Ball Blues" ist mir allerdings nicht bekannt. Die Piano-Version enthält keine Verse. Auch die Aufnahme ist ja bekanntlich rein instrumental. Vielleicht erklärt sich aber aus dem - nicht verfügbaren - Text der Titel des Stücks. Denn die Überschrift "Kanonenkugel-Blues" will nicht so recht zu dem stimmungsvollen Stück passen. Es sei denn, man interpretiert die im ersten Chorus (Eb-Dur) gespielten Kornett-Phrasen als abgefeuerte Kugeln oder die auf- und absteigenden zweitaktigen Phrasen im zweiten (Ab-Dur) Bluesteil. Dies schiene mir aber etwas weit hergeholt.Soweit einige formale Informationen. Hinzugefügt sei noch, dass der "Cannon Ball Blues" laut Victor-Archiv im Mai 1927 gemeinsam mit einer weiteren großartigen Aufnahme Morton`s, nämlich "Grandpa`s Spells", veröffentlicht wurde.

Dies soll für heute genügen. Eine Analyse der Aufnahme will ich in nächster Zeit an dieser Stelle vorlegen. Bis dahin eine gute Zeit........

Soviel für heute.
Herzlich Euer
Heribert von Stomp

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