Samstag, 8. März 2014

Babysitter Boogie II

Hallo Freunde,

mein Beitrag über den "Babysitter Boogie" hat mir Kritik eingetragen, Widerspruch von meinem Freund Buddy Yesterday. Die von mir aufgestellte Behauptung, die ersten beiden Takte dieses Stückes seien (in der Melodie) identisch mit den beiden ersten Vers-Takten von "Willie The Weeper", sei falsch. Ich habe noch einmal verglichen - und tatsächlich: Buddy ist im Recht. Zwar ist Takt 1 identisch, in Takt zwei aber divergieren die Tonfolgen: während die Töne beim "Babysitter Boogie" E-D-C (abwärtsschreitend) sind, ist die Tonfolge bei "Willie The Weeper" (ebenfalls abwärtsschreitend) E-C-A. Der "Babysitter Boogie" endet somit auf dem Grundton der Dur-Tonart, "Willie The Weeper" auf dem Grundton des Mollakkords (vgl. dazu meinen vergangenen Beitrag). Trotzdem bleibt die Ähnlichkeit natürlich frappierend. Buddy macht mich auf eine weitere Verwandtschaft zu einem anderen Klassiker hin, zum "Wild Man Blues" von Jelly Roll Morton, wie "Willie The Weeper" aus dem Jahr 1927. Der "Wild Man Blues" beginnt mit der gleichen Eingangsphrase wie "Willie The Weeper", verdichtet sie aber zu einem Takt (mit Auftakt). Die Tonfolge lautet: E (punktierte 8/tel) - Es (16/tel) - E (8/tel) - C (Viertel) - A (punktierte 1/2). Die Tonfolge bei "Willie The Weeper": E (punktierte 8/tel) - Es (16/tel) und dies viermal hintereinander, so dass sich ein Takt ergibt, sodann E (8/tel) - C (Viertel) - A (punktierte 1/2). Die Ähnlichkeit ist also unverkennbar. Auf der anderen Seite ist eine solche Tonfolge natürlich bei dem zugrunde liegenden A-Moll-Akkord auch nicht überraschend. Beide Stücke entwickeln sich dann ganz unterschiedlich weiter und erhalten jeweils einen eigenen, unverwechselbaren Charakter. Dagegen scheint mir die Verwandtschaft zwischen "Willie The Weeper" und "Babysitter Boogie" deutlich größer. Das liegt vor allem daran, dass beide Titel die gleichmässige Wiederholung der Halbtonschritte (bei "Willie The Weeper" nur im Versteil) als Charakteristikum haben. Ich denke, dass eine Durchforstung des Kanons der Jazzstücke noch weitere verwandtschaftliche Beziehungen  der beschriebenen Art zu Tage fördern wird. Das mag damit zu tun haben, dass sich der eine Komponist ganz gern beim anderen bedient. Vergessen wir aber nicht: die Zahl der Töne auf der Tonleiter ist nun mal begrenzt...........

www.ok-jazzband.de  - CD "Tribute to Jelly Roll Morton" (iTunes, amazon, spotify)

Soviel für heute.
Herzlich Euer
Heribert von Stomp

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