Sonntag, 1. November 2015

Die Story: Creole Love Call

Hallo Freunde,

gerade halte ich die akutelle Ausgabe von "Swinging Hamburg" in Händen. Dabei handelt es sich um das Periodikum (erscheint vierteljährlich) der "Gesellschaft zur Förderung des traditionellen Jazz e.V.", das sich besonders dem Jazzleben in der Elbmetropole widmet, aber auch immer wieder interessante Geschichten zum Trad-Jazz allgemein präsentiert. Zu den Rubriken gehört neben den üblichen Terminhinweisen auch eine Serie "Der Jazz-Titel uns seine Story". In diesem Heft ist der Standard "Creole Love Call" an der Reihe.
Ich muss allerdings gestehen, dass ich nach der Lektüre ein wenig enttäuscht bin. Auf zwei Seiten erfahre ich zwar allerlei über Duke Ellington, dem der Titel zugeschrieben wird, über Harlem und speziell dort den "Cotton Club", von dem Ellington`s Weltkarriere ihren Ausgang nahm - über den "Creole Love Call" aber sind die Informationen recht spärlich. Da heißt es, Ellington habe den Titel 1928 gemeinsam mit seinem Trompeter "Bubber" Miley komponiert. Und dann: "Dessen Spielweise mit Wah-Wah-Dämpfer, die besonders beim `Creole Love Call` rüberkommt, war charakteristisch für den Stil der Band (Jungle Style)". Dieser Stil wurde "zum Markenzeichen des Ellington Orchesters über Jahre". Und das war`s denn auch schon.
Schade. Denn der "Creole Love Call" war darüber hinaus ein frühes und spannendes Beispiel für Urheberrechtsstreitigkeiten, die auch den Jazz nicht verschonten. Randall Sandke hat dieses Kapitel in seinem sehr lesenswerten Buch "Where the dark and the light folks meet" beleuchtet.
Oldtimefreunden kommt der "Creole Love Call" irgendwie bekannt vor. Ist das Thema nicht Bestandteil des berühmten "Camp Meeting Blues" von Joe "King" Oliver. Und wurde dieser Titel nicht schon fünf Jahre vor Entstehen des "Creole Love Call" eingespielt? Sandke bringt die Geschichte mit dem Saxophonisten Rudy Jackson zusammen, der mit Oliver spielte: "In 1923 Jackson participated in King Oliver`s recording of the Oliver composition `Camp Meeting Blues` ". (Sandke, S. 211). Später wechselte Jackson zu Ellington. Er präsentierte dem Duke die Melodie als seine eigene Schöpfung. Ellington versah das Ganze mit seinem unnachahmlichen Stempel. Beide teilten sich dann die Urheberschaft.
Als Oliver die Aufnahme des "Creole Love Call" hörte, setzte er sich hin und schrieb folgenden Brief an Victor Records:
"Gentlemen, I have recently listened to a recording by your company under the title of Creole Love Call played by Duke Ellington`s band. Permit me to bring to your attention the fact that this number was written by me and copyrighted Oct. 11, 1923;  #570230 under the title of Camp Meeting Blues. The writer also recorded this particular number on the Columbia records and has collected royalties for same. Will you, therefore, be good enough to forward me a contract covering Creole Love Call and should you desire further information, the same will be given, gladly".
Pech allerdings für Oliver, dass die von ihm genannte Copyright-Nummer für den "Temptation Blues" vergeben worden war und nicht für den "Camp Meeting Blues". Ob Oliver es einfach versäumt hatte, diesen Titel registrieren zu lassen, ob der Fehler woanders lag, wir wissen es nicht genau. Oliver ging somit jedenfalls leer aus. Das ändert allerdings nach wie vor nichts an der verblüffenden Ähnlichkeit zwischen "Creole Love Call" und "Camp Meeting Blues". Und während es für Ellington in den folgenden Jahren stetig bergauf ging, führte die Karriere des "King" in den finanziellen Abgrund.
Also eine durchaus packende Story. Vielleicht wird sie ja irgendwann einmal auch den Lesern  von "Swinging Hamburg" vor Augen geführt.......

www.ok-jazzband.de - CD "Tribute to Jelly Roll Morton" (iTunes, amazon)

Soviel für heute.
Herzlich Euer
Heribert von Stomp 

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